Im Space-Shop am Bremer Flughafen

Hamburg, 21. Januar 2011, 08:28 | von Dique

Was bisher geschah: Ein Tag im August 2010, ich bin zusammen mit Richard Deiss auf einer seiner Buchladentouren. In der Buchhandlung Schaumburg in Stade sind wir schon gewesen, in der Buchhandlung Thye in Oldenburg ebenfalls.

Und eigentlich wollen wir nun ein sehr verspätetes Mittagessen einnehmen. Es ist inzwischen kurz nach vier, und Richard hat die Idee, doch noch schnell auf den Bremer Flughafen zu fahren, um den dortigen Space-Shop zu besuchen.

Zum Essen also wieder keine Gelegenheit, obwohl ich bereits sehr großen Hunger habe, weit über das Maß hinaus, das man noch mit einem kleinen Snack zumindest kurzfristig verringern könnte. Ich lasse mich trotzdem auf Bremen vertrösten, durch die unfassbare Rationalität der Feststellung, dass es dann sowieso auch genau die richtige Zeit zum Abendessen sei.

Eigentlich weiß Richard gar nicht, ob es sich bei diesem Space-Shop überhaupt um einen würdigen Buchladen handelt, er hat sich das aber irgendwie erschlossen, unter anderem auch durch die Lektüre der Flughafenwebsite:

»Der Space-Shop in der Bremenhalle bietet Artikel und Literatur über Luft- und Raumfahrt, sowie Flugzeugmodelle und Souvenirs an.«

Kein reiner Buchladen also. Vielleicht reicht es aber trotzdem, vielleicht gibt es ein paar qualitative verlegerische Höhepunkte da zu kaufen, damit der Laden in das berühmte, von Deiss bei BoD verlegte Werk »Kaufhaus der Worte – 222 Buchläden, die man kennen sollte« aufgenommen werden kann.

Der Besitzerin werden gute Beziehungen zur NASA nachgesagt. Eine Menge spaciger Utensilien und natürlich jede Menge Bücher zum Thema gehören zum Erwartbaren, alles eben sehr spezialisiert, und Spezialbuchhandlungen findet Richard Deiss extremst interessant. In der »Welt« hieß es einmal über den Bremer Space-Shop und seine Inhaberin Birgit Fitch:

»Birgit Fitch verkauft Raumfahrtbegeisterten Souvenirs aus dem Weltall. Meteoritenstücke, Astronautenessen und Münzen aus geflogenem Space-Shuttle-Material gibt es in ihrem Space Shop am Bremer Flughafen. Ihre Verkaufsschlager bezieht sie direkt von der Nasa sowie von einem Lieferanten der US-Weltraumbehörde.«

Pünktlich erreichen wir den Bremer Hauptbahnhof, es ist kurz nach fünf. Wir nehmen ein Taxi und rauschen zum Flughafen, viel Zeit bleibt nicht bis Ladenschluss. Den Space-Shop kennt der freundliche Taxifahrer nicht, setzt uns aber direkt »bei den Geschäften« ab, da wird der Shop schon sein.

Eine junge Frau von der Wechselstube weist uns den Weg in den ersten Stock, in dem sich dann der Space-Shop tatsächlich befindet. Es ist ein ultrakleiner Laden, eine kleine Box aus Glas, gefüllt mit Klimbim rund um die Raumfahrt, Meteoritengestein, irgendwelchen Gegenständen und Medaillen aus Space-Shuttle-Resten.

Alles spärlich eingerichtet und befüllt. Mein Interesse an Raumfahrt ist zwar sowieso sehr gering, aber ich bin mir sicher, dass es zum Thema die schönste Literatur und die prächtigsten Bildbände geben muss. Und Bücher gibt es hier auch, etwa zwei Hände voll, und sie sehen aber so aus wie diese in bunten Kunststoff geschlagenen Bildbände, die man für 5 Euro im Eingangsbereich bei Hugendubel mitnehmen kann, im Stil der »WAS IST WAS«-Reihe, nur unspannender und irgendwie angestaubt. Lieblos liegen sie irgendwo im Seitenfenster herum.

Auch die übrigen Artikel wirken ungeheuer belanglos, aber das ist gar nicht das Schlimmste. Ich habe inzwischen einfach auf eine sehr ursprüngliche Art Hunger. Ich erinnere mich an MIR-Astronautennahrung, die es hier natürlich tatsächlich geben könnte, und träume von einer Scheibe Atombrot mit Anchovispaste. Unterdessen muss Richard Deiss irgendetwas kaufen, irgendetwas aus Weltraumschrott Hergestelltes, eine Vollzugshandlung, denn er ist ja nun mal extra hergekommen.

Mit der Straßenbahn zurück in die Stadt, der Space-Shop ist schnell vergessen, denn endlich gibt es etwas zu essen, direkt an der Schlachte. Der Wind kräuselt die Weser, der Oberkellner serviert eine Suppe.

Richard muss weiter, und als er sich verabschiedet hat, blättere ich unkonzentriert und ziellos ein paar Zeitungen durch und steige dann in den Zug nach Hamburg.

Ein paar Tage später schreibt mir Richard, dass er an diesem Wochenende insgesamt ein Dutzend Buchläden besucht hat, ein Dutzend, und ich bekomme plötzlich Hunger, riesengroßen Hunger, als ich das lese.
 

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