100-Seiten-Bücher – Teil 4
Theodor Fontane: »Grete Minde« (1880)
Hamburg, 7. Juni 2011, 00:35 | von Dique
Ich hatte noch knappe zwei Stunden, und da wollte ich einfach mal endlich »Grete Minde« lesen, 100 Seiten, dafür dürfte die Zeit ja reichen. Ich war mitten im Sog der Geschichte, die sich einem ruhig auslaufenden Ende zu nähern schien. Fünf Seiten vor Schluss musste ich allerdings zur U-Bahn, wo ich dann auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier noch schnell den Rest lesen wollte.
Dazu kam es aber nicht, denn ich traf eine Bekannte und musste mit ihr Neuigkeiten austauschen. Ich hatte das Buch in der Hand, sie fragte: »Und? Gut?« Ich brachte kurz die Story: Der Tod von Gretes Mutter und dann des Vaters, dann die böse Schwägerin, die ihr die Lebensfreude gänzlich nehmen will. Noch sehr jung an Jahren, lässt Grete zusammen mit dem Nachbarsburschen das unschöne Leben bei ihrer Familie hinter sich und schließt sich fahrendem Volk an. Sie wird Mutter, kehrt irgendwann nach Tangermünde zurück und fordert ihren Teil vom Erbe. Das Ende musste ich in meiner Schilderung leider weglassen, ich kannte es ja noch nicht, wollte es aber bei Gelegenheit nachliefern.
Als ich bei der Feier ankam, hatte ich das Buch noch in der Hand, gleich nickte mir der Gastgeber zu, »zeig mal, ach, ›Grete Minde‹, was für ein wahnsinniges Ende, oder?« Ich erzählte das mit den fünf noch fehlenden Seiten. »Mach dich auf was gefasst!«, hieß es da.
Ich konnte mir das überhaupt nicht erklären, die Geschichte schien mir erzählt zu sein, ich rechnete nicht mehr mit einem großen Drama, was sollte da noch passieren? Ich las den Rest auf der U-Bahn-Fahrt nach Hause und rief dann bestürzt sofort meine Bekannte an.
»Grete Minde« ist angeblich eines der schlechteren Bücher von Fontane, aber das stimmt nicht. »Grete Minde« ist ein 100-Seiten-Meilenstein.
Theodor Fontane: Grete Minde. Nach einer altmärkischen Chronik. Mit einem Nachwort von Peter Demetz. Frankfurt/M.: Insel Verlag 1989. S. 7–138 (= 132 Textseiten).
Theodor Fontane: Grete Minde. Nach einer altmärkischen Chronik. Hrsg. von Frederick Betz. Stuttgart: Reclam 2006. S. 3–108 (= 106 Textseiten).
(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)
Am 29. Juni 2011 um 20:38 Uhr
Herrje, ich bin jetzt genau 5 Seiten vor Schluss! Damit hole ich gesamtprojektmäßig auf. Vorwärts! ;)