100-Seiten-Bücher – Teil 213
Isidora Sekulić: »Briefe aus Norwegen« (1913–1951)
München, 21. Dezember 2020, 16:41 | von Josik
Ich wollte einfach die Balkanvibes, was Wildes, Flottes, Hitziges, Spritziges, Sprühendes, Glühendes, Pfiffiges, Schmissiges, Turbulentes, Dröhnendes, Heißblütiges, Aufpeitschendes. So stieß ich auf die serbische Autorin Isidora Sekulić und ihre »Briefe aus Norwegen«. Das schien mir genau das richtige. Also begann ich zu lesen, was in Norwegen so abgeht: »Leblos, skelettartig und längst verstorben zeigen sich jene riesigen kristallinen Felswände, in denen kein Leben ist und die auch keines spenden« (S. 14). Atemlos setzte ich die Lektüre fort: In Norwegen »ist alles weit, weil da keine Menschen sind« (S. 26). Vor Spannung hielt ich es nun kaum noch aus: »[D]er Winter ist so lang. […] Nicht einmal Wege gibt es. Niemand kommt hier vorbei und hindurch gelangt man auch nirgendwohin […]. Einsam und weit weg von allem ist es hier« (S. 32f.). Schweißgebadet legte ich diese packende Beschreibung zur Seite. Aber natürlich wollte ich wissen, wie es weitergeht! Also nahm ich das Buch wieder zur Hand. Und so geht es weiter: Es kann passieren, dass man »in norwegischen Gegenden auf eine Öde trifft, die einen völlig abstumpft und erschlägt« (S. 38). Altobelli, und dann geschieht es: »[N]ach und nach kam die Stille und Einsamkeit des großen Waldes über uns« (S. 50f.).
Isidora Sekulić: Briefe aus Norwegen. Ausgewählte Texte aus den Jahren 1913 bis 1951. Aus dem Serbischen übersetzt und herausgegeben von Tatjana Petzer. Berlin: Friedenauer Presse 2019. S. 3–101 (= 99 Textseiten).
(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)