Archiv des Themenkreises ›Gala‹


Lyrik gegen Medien!

Berlin, 18. Juli 2014, 09:21 | von Josik

Der Endreim ist in der Bevölkerung weit verbreitet. Die »Süddeutsche« und andere seriöse Zeitungen kolportieren derzeit ein Gedicht, das u. a. die folgenden Strophen enthält (Schreibweise behutsam verändert):

»FAZ« und »Tagesspiegel«?
Lieber kauf’ ich mir ’nen Igel!

»Taz« und »Rundschau«, ARD?
Hm, Moment, ich sage: Nee!

»Bild« oder »SZ« genehm?
Wie spät *ist* es? Ich muss geh’n!

Der Daumen, der nach unten zeigt,
der trifft bei mir auf Heiterkeit.

Viele andere Medien dürften sich aufgrund der Tatsache, dass sie in diesem Gedicht gar nicht erst erwähnt werden, erheblich düpiert fühlen. Um die Gefühle dieser Medien nicht zu verletzen, wird das Gedicht im folgenden lose weitergereimt.

»Mopo«, »Emma« und »Die Zeit«?
Hört gut zu, ich bin euch leid!

»Isvéstija« und »Kommersánt«?
Haltet einfach mal den Rand!

»Kronen Zeitung«, »Standard«, »Presse«?
Haltet einfach mal die Fresse!

»Tagi«, »Blick« und »NZZ«?
Früher wart ihr einmal phatt!

»Guardian« und »New York Times«?
Ihr vermiest mir voll die rhymes!

»Super Illu«, »Bunte«, »Gala«?
Für euch zahl’ ich nicht einen Taler!

»Börsen-Zeitung«, »Handelsblatt«?
Euch mach’ ich doch locker platt!

»Merkur«, »Lettre«, »Cicero«?
Euch spül’ ich sofort ins Klo!

Auch der Hokuspokus-»Focus«
liegt aus Jokus auf dem Locus!

»Junge Welt« und alte »Welt«?
Widewitt, wie’s euch gefällt!

ORF und ATV?
Euch Wappler mach’ ich jetzt zur Sau!

RTL und auch ProSieben
kann man sonstwohin sich schieben.

Mach’ es wie die Eieruhr:
Zähle die Minuten nur!

Und nun: Schafft zwei, drei, viele weitere Strophen!
 


Willi Winkler und der Ulf-Poschardt-Mythos

Leipzig, 23. März 2013, 12:52 | von Josik

Die Feuilletonforschung muss ihr Arbeitsgebiet nunmehr auch auf die Glamour-Zeitschrift GALA ausdehnen. Am vergangenen Sonntag, gerade als die Buchmesse dabei war, zu Ende zu gehen, machte Marcuccio in irgendeiner zwischen dem Café Puschkin und dem Hotel Seeblick gelegenen, komplett atmofreien Bäckerei mich nämlich darauf aufmerksam, dass der Aufmacher der damals aktuellen GALA von niemand Geringerem als Willi Winkler stammt.

Auf Wikipedia steht, das Motto der Zeitschrift GALA sei: »Gute Nachrichten und schöne Bilder statt negativer Schlagzeilen und Leid«. Und es bestätigt sich hier wieder einmal, dass man Wikipedia grundsätzlich nichts glauben soll. Denn wie nicht anders zu erwarten, führt Willi Winkler das besagte Motto gewohnt subversiv ad absurdum. Gute Nachrichten gibt es in seiner Titelgeschichte schlichtweg nicht, geht es darin doch um den gereiften, aber auch um den jungen Karl-Theodor zu Guttenberg.

Der erste, von der GALA-Redaktion stammende Satz unter einem Foto von Willi Winkler lautet: »Willi Winkler ist einer der renommiertesten deutschen Autoren.« Was die GALA-Redaktion dann aber im zweiten Satz dieser Bildunterschrift über Willi Winkler schreibt, ist die Tatsachenbehauptung des Jahres, wenn nicht des Jahrzehnts. Dort steht: »Exklusiv für GALA arbeitet er sich am Guttenberg-Mythos ab«. Der Witz dabei ist, dass Willi Winkler sich exklusiv für GALA eigentlich weniger am Karl-Theodor-zu-Guttenberg-Mythos abarbeitet als vielmehr am Ulf-Poschardt-Mythos – freilich ohne Ulf Poschardt ein einziges Mal beim Namen zu nennen.

Ulf Poschardt wird als »ein amtlich anerkannter Ersteiger der sozialen Pyramide mit untrüglichem Blick« umschrieben, und Willi Winkler zitiert aus einem 2009 in der »Welt« erschienenen Artikel von Ulf Poschardt die folgenden beiden Sätze – den ersten Satz wörtlich, den zweiten Satz nur partiell: »Ein promovierter Adliger mit einer ebenso adligen, attraktiven Frau als Hoffnungsfigur einer betont sozialen Volkspartei ist in der Heimat des Egalitären eigentlich unmöglich. Wird solches als List der Geschichte möglich, gibt es der Figur ein Profil und eine Authentizität, welche in der Politik fast erodiert war.«

Als Willi Winkler ein weiteres Mal Ulf Poschardts Namen umgeht, bezeichnet er ihn bloß als einen »Analytiker beim Abhorchen der sozialen Verhältnisse«. Besonders macht Winkler sich über Poschardts Wendung »List der Geschichte« lustig, indem er sie im vorletzten Satz seiner Story gehässigerweise noch einmal ironisch zitiert. Wenn es Schule machen sollte, dass solche genuin feuilletonistischen Kämpfe künftig vermehrt in der Yellow Press ausgefochten werden, so steigt die Spannung natürlich ins Unermessliche: Wird Ulf Poschardt einen Gegenangriff publizieren, und wenn ja, wo? Im »Gartenspaß«? Im »Umblätterer«? Im »Metal Hammer«?