Archiv des Themenkreises ›Kaffeehaus des Monats‹


Kaffeehaus des Monats (Teil 88)

sine loco, 5. Januar 2019, 10:45 | von Charlemagne

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

EspressoEspresso, FFM

Frankfurt am Main
Das »EspressoEspresso« in der Braubachstraße.

(Schönste Kaffeebar, direkt gegenüber der neuen Altstadt. Früher bin ich für so was immer nach München ins Schumann’s gepilgert, da hatten die Baristas immer so schöne weiße Schürzen an und ich las die »Süddeut­sche«; hier in Frankfurt trägt das Team einen schönen Mix aus Anzug und Streetwear, also elegant urban, eben Frankfurt. Nach Sonnenuntergang einen Aperitif, der die Lektüre der ansonsten etwas staubigen »Frankfurter Allgemeinen« zum Tanzen bringt. Von meinem iPhone gesendet.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 87)

sine loco, 26. Juli 2016, 09:15 | von Paco

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Dynia, Krakau, ein wie immer absichtsvoll schlechtes Foto, sry

Krakau
Das »Dynia« in der Ulica Krupnicza.

(Höchstwahrscheinlich eines der besten Kaffeehäuser der Welt. Es gibt eigentlich keinen USP, es ist einfach alles gleich perfekt, der Garten, das Frühstück, der Kaffee, der Name, die Gespräche der Kaffeehausbesucher [ein Satz vom Nebentisch, im Original auf Russisch: »Was eigentlich soll so gut an Germann Gesse sein?«], die dezente Präsenz der Bedienung, die Atmo, die Nähe zum Auditorium Maximum, der Deckenschmuck usw.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 86)

sine loco, 23. November 2015, 16:59 | von Mynaral

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Le Napoleon, Paris, ein wie immer absichtsvoll schlechtes Foto, sry

Paris
»Le Napoléon« in der Rue du Faubourg-Saint-Denis.

(Das »Napoléon« hat eigentlich nur zwei entscheidende Vorzüge: Erstens natürlich den mutigen Namen und zweitens – ebenfalls natürlich – die wunderbare Feldherrenhügellage der Terrasse. Von da aus hat man nämlich mit der Rue du Château-d’Eau und ihren dicht an dicht gelegenen afrikanischen Friseursalons und der Rue du Faubourg-Saint-Denis die beiden wichtigsten Achsen des zehnten Arrondissements idealstens im Blick. Und weil mir immer über die französische Unfreundlichkeit geklagt wird: Vor ein paar Tagen bat ein Mann vor dem Café um etwas Kleingeld und wurde von einem der Gäste gleich noch auf einen Espresso am Comptoir eingeladen. Wir sinnierten inzwischen über die hellseherischen Fähigkeiten des Ersten Konsuls, denn immerhin hatte er ja nach der Lektüre der Géographie von Lacroix in eins seiner Jugendhefte die Worte »Sainte-Hélène, petite île« vermerkt. Ob Tageszeitungen im »Napoléon« ausliegen, weiß ich jetzt gar nicht, denn den Innenraum des Cafés habe ich noch nie betreten.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 85)

sine loco, 25. November 2014, 20:21 | von Baumanski

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Steam Coffee, Helsinki, ein wie immer absichtsvoll schlechtes Foto, sry

Helsinki
Das »Steam Coffee« in der Kaisaniemenkatu.

(Man könnte sich in Finnland ausschliesslich von Lachs und Zimtschnecken ernähren, und so weit weg davon bin ich nicht. Die Zimtschnecken heissen hier »Korvapuusti«, aber ich versuche es natürlich nie auf Finnisch, zumal ich nicht weiss, ob man im Akkusativ oder im Partitiv bestellt. Ausserdem können ja alle Finnen perfekt Englisch. Ganz anders ist das in der ungarischen Provinz, wo die Speisekarte ähnlich unverständlich ist, aber Fremdsprachenkenntnisse rar, und man muss sich dort also ein paar Lebensmittel auf Ungarisch merken. Zimtschnecken zum Beispiel heissen »Fahéjas csiga«.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 84)

sine loco, 12. November 2014, 13:58 | von Baumanski

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Das Café Zähringer in Zürich, ein wie immer absichtsvoll schlechtes Foto, sry

Zürich
Das »Café Zähringer« am Zähringerplatz.

(Ich lese gerade etwas von Timothy Garton Ash, und da horche ich natürlich auf, als am Nebentisch jemand mit extrem sympathischem Akzent den schönen Satz sagt: »Auf eine Revolución folgt immer eine Evolución.« Es scheint sich um eine Deutsch-Konversationsgruppe zu handeln, auch viele Amerikaner dabei, aber das Gespräch bewegt sich leider von der Revolución weg und hin zu alltäglicheren Dingen (»Mein Schwiegerelterns Geburtstag ist im Januar« etc.). Dafür beginnt nun ein bärtiger Herr mit Kopftuch scheinbar planlos, aber äusserst gewissenhaft Stühle umzustellen und das Büchergestell neu zu ordnen. Ja, das ist ein guter Ort hier, linksalternativ, aber natürlich auch helvetisch-ordentlich. Der Cappuccino kostet fünf Franken sechzig.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 83)

sine loco, 1. Juni 2014, 13:46 | von Josik

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Das neue Romanische Café im Waldorf Astoria, ein wie immer absichtsvoll schlechtes Foto, sry

Berlin
Das »Romanische Café« im Waldorf Astoria
in der Hardenbergstraße, gegenüber vom Zoo Palast.

(Am Zeitungsständer hängt, als wir das Café betreten, nurmehr die »Berliner Morgenpost«. Alle noch renommierteren Zeitungen liegen auf dem Tisch des mittelgut situiert wirkenden russischen Ehepaars am Tisch neben uns, das sein nahezu wortloses Frühstück bis weit in die Nachmittagsstunden hinein ausgedehnt zu haben scheint. Draußen nieselt es, also entscheiden wir uns für einen Choko Crisp Cake sowie eine heiße Schokolade mit Zimt bzw. für einen Café Crème und eine Zitronen-Baiser-Tarte. Mit Mühe und Not schaffen wir es, diese Gottesgeschenke aufzuessen, und sind danach völlig erschlagen. Die Bedienung lacht und lacht und versprüht authentische Laune, und plötzlich verstehen wir, warum die Russen nach ihrem Frühstück ebenfalls sprachlos sind.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 82)

sine loco, 26. Oktober 2013, 17:59 | von Baumanski

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

SPb, National Library, Cafeteria, ein wie immer künstlerisch absichtlich bescheidenes Foto, sry

St. Petersburg
Das »Bufet« der Nationalbibliothek
an der Ploschtschad Ostrovskogo.

(Das »Bufet« hat eine Monopolstellung bei Allen, die sich nicht nach jeder Pause einen neuen Kontrollzettel ausstellen lassen wollen. Das Essen ist höchst mittelmässig, der Kaffee eher schwach und die Bedienung konsequent kühl. Im Radio laufen meistens russische Schnulzen, aber jetzt gerade ein lustiges Lied über Kakerlaken. Manchmal ist das »Bufet« über Mittag plötzlich für drei oder vier Stunden geschlossen, aber, na ja, die Enttäuschung hält sich dann auch in Grenzen.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 81)

sine loco, 13. September 2013, 10:53 | von Josik

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Das Café Dalyano in Dalyan, ein wie immer künstlerisch bescheidenes Foto, sry

Dalyan
Das »Café Dalyano« an der Sulungur Caddesi.

(Im Zeitschriftenstapel neben dem Spielestapel taucht plötzlich z. B. auch die »Marie Claire« auf. Der Chef des Café Dalyano spricht fließend Holländisch, deshalb finden sich im Spielestapel auch ein holländisches »Trivial Pursuit«, ein holländisches »Scrabble« und ein holländisches »Vier gewinnt«. Da wir des Holländischen nicht mächtig sind, überlegen wir kurz, ein bisschen Fantasieholländisch-Scrabble zu spielen. Stattdessen entscheiden wir uns aber, wie es sich gehört, für Backgammon. Jeden Tag kommen wir ein bis drei Mal hierher, da es nirgendwo sonst einen orangigeren Orangensaft und fantastischere Cocktails gibt – auch solche, die gar nicht auf der Karte stehen. Der Caféhund bellt jedes vorüberfahrende Auto an, sehr gut! Irgendwann fangen die Kellner an, sobald sie uns hereinspazieren sehen, uns sofort das Backgammonbrett zu bringen. Statt der »Marie Claire« lesen wir die selbstmitgebrachten »Atlantic«-Hefte, da wir fatalerweise schon zweieinhalb Ausgaben im Lektürerückstand sind. Als wir bei dem Artikel angelangt sind, in dem behauptet wird, Kafka sei overrated, verlässt uns der Mut dennoch nicht. Hier, wo einem der Wein ins Gesicht wächst, ist es viel zu schön, als dass wir uns über eine derart billige Polemik überhaupt erregen könnten. Drei süße holländische Kinder springen vom Nachbartisch herüber und wollen uns das Backgammonbrett abschwatzen. Natürlich darf man sich davon aber nicht erweichen lassen.)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 80)

sine loco, 22. August 2013, 09:21 | von Dique

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Das Alpineum in Luzern, ein wie immer künstlerisch bescheidenes Foto, sry

Luzern
Das »Alpineum« in der Denkmalstrasse.

(Nach dem Uhren-, Messer- und Schokoladeneinkauf dürstet die Touristen aus Asien nach Kultur und sie wandern zum wunderschönen Löwen­denkmal in Luzern. Nur wenige Schritte vor dem Denkmal, nach einem Entwurf von dem unglaublichen Bertel Thorvaldsen, kommen sie am Kaffeehaus Alpineum vorbei und könnten dort neben einem Kaffee einen Blick in die Basler Zeitung, den Tagi oder die NZZ werfen. Aber das schönste an unserem Kaffeehausbesuch war der extrem freundliche und sehr hippe Barista. Er machte gerade die Milch für unsere Schalen heiß und sagte, quasi aus der Hüfte heraus: »Wasser ’n Thema?« Es war einer der heißesten Tage und Wasser war gerade ein Riesenthema für uns!)
 


Kaffeehaus des Monats (Teil 79)

sine loco, 2. August 2013, 09:14 | von Cetrois

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Berlin-Prenzlauer Berg, im »Café CK« in der Marienburger Straße, künstlerisch wie stets ein äußerst unbedeutendes Foto, sry

Berlin-Prenzlauer Berg
Das »Café CK« in der Marienburger Straße.

(Die Betreiber des »Café CK« sind zweifellos glühende Anhänger jener Third Wave-Bewegung, gegen die Willy Andraschko neulich in der FAZ den Espresso und das Kaffeehaus – als demokratischen Tempel öster­reichisch-italienischen Lebensgefühls – zu verteidigen versucht hat. Folgerichtig wird im CK der sortenreine Kaffee im Dekanter und mit einem Whiskeyglas serviert, ohne Milch oder gar Zucker. Wo sie für Cappuccino und dergleichen unerlässlich ist, wird Milch hier natürlich trotzdem zu schäumender Perfektion getrieben und stammt aus dem Biosphären­reservat mit dem schönen Namen Schorfheide-Chorin. Im Allgemeinen aber scheint die Milch in diesen Kreisen einen etwas zweifelhaften Ruf zu genießen. Als ich bezahlen wollte, war der Barista noch im Gespräch mit einer fröhlichen Tresensteherin begriffen, die dankend auf Milch verzichtete, nicht nur dieses eine Mal, sondern seit Januar schon, »just for detox, you know?« – sprach’s und ging laktosefrei nach draußen, um sich eine Zigarette anzuzünden.)