Strandlektüre 2013
Jena, 4. September 2013, 19:10 | von Montúfar
Meine Strandlektüre dieses Jahr war Michael Köhlmeiers »Der Peverl Toni und seine abenteuerliche Reise durch meinen Kopf« und ich kann sagen, dass dieses Buch als Strandbuch zumindest für mich nicht geeignet ist.
Denn im achten Kapitel des sechsten Abenteuers beschreibt Köhlmeier, freilich ohne dies deutlich zu machen, den Coburger Marktplatz und lobt die dortige Buchhandlung für ihr Aushängeschild, denn »die Buchstaben dieses Namens sind lauter Stäbchen aus Bücherrücken, so daß man tatsächlich von Buchstaben sprechen kann, und diese lustig-kluge Wörtlichnahme eines sonst so Dahergeredeten läßt auf einen hohen Geist des Besitzers und auf ein befriedigendes Angebot seines Ladens schließen«.
Mich hielt also nichts mehr am Strand, ich wollte sofort nach Coburg zu der beschriebenen Buchhandlung und mich von der Klugheit des Aushängeschildes überzeugen. Was ich auch sofort tat, als mein Urlaub endlich vorbei war. Tatsächlich ist es ein wirklich gelungenes Aushängeschild und verpackt seine Buchstaberei auch viel dezenter als beispielsweise die italienische Designmöbel-Marke Lema.
Ich sprach natürlich sofort die Servicedamen in der Buchhandlung auf diese Köhlmeier-Passage an und sie waren sehr erfreut über die literarische Wertschätzung ihres Geschäfts. Sie ließen mich sogar vor zum Besitzer, der in diesem Fall eine Besitzerin ist. Auch diese war hocherfreut und erzählte, dass Köhlmeier vor langer Zeit auch einmal hier in dieser Buchhandlung aus seinem damals gerade neu erschienenen Roman »Bleib über Nacht« gelesen habe, der ja vor allem in Coburg spiele.
Es sei eine wunderschöne Lesung gewesen und sie erinnere sich heute noch sehr häufig, wenn sie auf Arbeit gehe, an die Köhlmeier’sche Beschreibung der Veste Coburg, denn ihr Weg ermögliche ihr eine ähnliche Blickrichtung auf die Veste wie die, die Köhlmeier seinerzeit bei der Beschreibung gehabt haben müsse. Sie wollte auch gern für mich in ihren Unterlagen nachschauen, wann die Lesung war und sie versprach mir, wenn ich es denn einrichten könne, erneut vorbeizuschauen, diesen Coburg-Roman als Geschenk.
Ich warf natürlich sofort meine weiteren Reisepläne über Bord und kam zwei Tage später in die Buchhandlung zurück. Die Besitzerin konnte sich leider nicht mehr erinnern, mir das Buch schenken zu wollen. Die Paperback-Ausgabe kostet 9,90 Euro. Doch bin ich nun stolzer Besitzer eines originalen Ankündigungsplakats für Köhlmeiers Lesung. Diese fand am 10. März 1993 statt und die beiden Coburger Lokalzeitungen – die Besitzerin hatte mir die Artikel von damals kopiert – berichteten ausführlich.
»Michael Köhlmeier liebt Coburg, und so läßt er die Liebe in Coburg erwachen.« So stand es am 12. März 1993 in der »Neuen Presse«. Und das »Coburger Tageblatt« merkte in seiner Ausgabe vom selben Tag in ausgewogener Kritik an: »Altmodisch mag man solch Erzählen nennen, allzu schlicht bisweilen im Tonfall – sein Lobpreis der zarten Innerlichkeit freilich stieß in Coburg auf offene Ohren.« Und er tut es bis heute, möchte man nach diesem Besuch der Buchhandlung 20 Jahre danach ergänzen.