Die 10 besten US-Serien:
Besuch im Serienland 2008/09

Paris, 8. September 2009, 22:29 | von Paco

Ende Mai wurden wie immer die Finalfolgen der US-Serien-Saison gezeigt. Bevor in ca. 3 Wochen die neuen Seasons beginnen, soll hier wie jedes Jahr (2005/06, 2006/07, 2007/08) eine Auswahl der besten Serien folgen. Im letzten Jahr war das eine Top-30, in diesem Jahr ist es nur eine Top-10.

Denn der US-Serien-Hype ist irgendwie vorbei. Er knüpfte sich an eine Erzählrevolution der TV-Drehbücher, die es schafften, ihre romanhaften Entwürfe auch tatsächlich schwungvoll über mehrere Episoden und Staffeln zu entfalten. »Die Menschen gehen auch deshalb seltener ins Kino, weil das Fernsehen inzwischen oft das bessere Kino liefert«, schrieb der »steadycam«-Gründer Milan Pavlovic vor 2 Jahren in der SZ (9./10. Juni 2007). »Die neueren Fernsehserien sind die wahren Epen des frühen 21. Jahrhunderts.«

Dieses Gefühl der TV-Serien-Übermacht haben damals viele konstatiert. Spätestens 2001 begann der Hype mit Sagas wie »Six Feet Under« und erreichte seinen Höhepunkt 2004 mit dem Start der beiden Jahrhundertserien »Lost« und »Desperate Housewives«, und während die eine demnächst endet und die andere sich langsam aber sicher selbst wiederholt (was trotzdem noch sehr gut funktioniert), ist weit und breit nichts in Sicht, das es an erzählerischer Pracht und Fülle mit beiden aufnehmen könnte.

Es gibt daneben auf jeden Fall noch andere brillante Serien, die narrativ und atmosphärisch ganz eigene Stimmungen erzeugen, zum Beispiel die relativ neuen Projekte »Breaking Bad« und »Mad Men«, und es wird sich auch weiterhin lohnen, die vielen kleinen Sitcoms zu schauen, »The Office« oder »How I Met Your Mother«. Aber der große Innovationsschub der letzten Jahre scheint erst mal vorbei zu sein.

Exemplarisch dafür standen schon die drei propagierten Hitserien der vorletzten Saison, »Chuck«, »Reaper« und »Journeyman«, die inzwischen alle glanzlos abgesetzt wurden bzw. bald enden. Das 2006 so rasant gestartete »Heroes« war mit einer der bescheuertsten Finalfolgen ever schon nach einer Staffel erledigt und tritt das Serienkonzept mittlerweile nur noch breit. Auch dem bonbonfarben durchgestylten »Pushing Daisies« ging nach nur zwei Staffeln storywise die Luft aus.

Aber okay, es gibt auch noch Serien, die Spaß machen, und zehn davon werden hier in den nächsten Tagen anhand ihrer zuletzt gelaufenen Staffeln kurz vorgestellt. Wie immer geht es vor allem um die Narration, nicht vorderhand um Quoten oder Schauspielernamen, die nur in Ausnahmefällen genannt werden. Das lockere Ranking, der Countdown von 10 bis 1, kann auch einfach als wertneutrale Durchnummerierung gelesen werden, hehe.

13 Reaktionen zu “Die 10 besten US-Serien:
Besuch im Serienland 2008/09”

  1. farid

    da freue ich mich aber schon drauf, wenn du die ein oder andere serie mal ein wenig detaillierter auseinanderklamüserst! mein absoluter favorit ist auf jeden fall medium – wenn das hier irgend jemanden interessiert! fantastische schauspieler mit ner gute story: jede folge!

  2. Ralph

    In der Tat zurzeit scheint die Luft raus zu sein. Die Dichte der Aha-, Oh- und Meine Fresse – Erlebnisse der letzten Jahre ist dahin.

    Man quält uns mit schwachen Starts („Hung“, „Roayl Pains“) oder müden Abgesängen („Weeds“, „Rescue Me“) – starkes Futter bieten vielleicht noch britische Serien wie „The Fixer“.

    Ich bin auf die TOP 10 gespannt!

  3. molosovsky

    Versuchen Sie es mal mit »True Blood« oder »Dexter«. Kann ich nicht jammern. Sind wirklich feine Serien.

    Was ist mit »The Wire«? Dem Hörensagen nach ist ja die allerbeste Serie die wo es überhaupt gibt, für Leute mit Hirnschmalz und Geschmack an Gesellschaftskritik.

  4. sab

    Tja, seit dem Autorenstreik gehen die Studios und Networks verstärkt auf „Nummer Sicher“. Die legendäre Season mit den Starts von „Housewives“, „Lost“ etc war wohl wirklich ein „once-in-a-lifetime“-Ereignis, vor allem nachdem NBC nun den Kampf aufgibt und Jay Leno die halbe Primetime in die Hand drückt.

    Aber ebenso wie es weniger positive „Must-See-Events“ gab, so hat sich in meinen Augen auch die Zahl der ungenießbaren Totalflops in letzter Zeit reduziert. Es gibt immer mehr Shows aus der Kategorie „ganz nett zum Nebenbeischauen“: „Castle“, „Medium“, „Life“, „Eli Stone“, „Brothers & Sisters“ zum Beispiel.

  5. Paco

    @molosovsky: »The Wire« ist lange durch, siehe letztes Jahr. War wirklich mal ein anderer Approach, aber ehrlich gesagt würde ich die 5 Staffeln nicht noch mal kucken wollen. »Allerbeste Serie« ist definitiv ein Witz, ich hab auch nie begriffen, warum gerade diese Serie so viel Hörensagen produzierte, ist wohl ein bisschen so wie bei Romanen mit > 1.000 Seiten, die dann kaum einer zuende gelesen hat. Und »Dexter« kommt auf jeden Fall noch in der Liste, stay tuned.

  6. Paco

    @sab: Tja, das Goldene Serienjahr 2004, wie du schon sagst: once-in-a-lifetime. Zu vergleichen vielleicht nur mit dem Literaturjahr 1857. – Wollen wir hoffen, dass das »Lost«-Finale okay wird (mehr verlangt ja keiner mehr, hehe) und dass Marc Cherry und ABC den richtigen kick the bucket-Moment für DH finden.

  7. Cletus van Damme

    Die provokative Frage nach einem möglichen Ende des Serienhypes ist ja durchaus gestattet und kann zu interessanten Diskussionen führen, aber ich würde eher sagen, dass dieser Eindruck nur auf deinen persönlichen Geschmack zurückzuführen ist. Das von dir als Jahrhundertserie glorifizierte Desperate Housewives z.B. mag zwar ein Megahit gewesen sein und mit Lost, Prison Break und 24 Mitte des Jahrzehnts für eine neue Experimentierfreude des Mainstream gestanden haben, aber es war nie ein echtes Aushängeschild der Serienkultur. Da haben schon in den 90-er Jahre Serien wie E.R., Twin Peaks , Babylon 5, DS9, NYPD Blue oder Akte X wesentlich größere Fußstapfen hinterlassen.

    Von den Networkserien der letzten Jahre konnten höchstens Lost, Arrested Development, West Wing, Pushing Daisies, 30 Rock, The Office und vielleicht noch 24 in seinen besten Tagen mit der Klasse und dem Kritikerlob der besten Pay TV und Cable Serien mithalten. Der Takt wurde doch schon immer von HBO und seit ein paar Jahren auch Showtime, F/X und AMC vorgegeben.

    Nachdem HBO und F/X im Rausch der Erfolge etwas nachlässig wurden und ein paar Jahre keine ebenbürtigen Nachfolger für ihre alten Schlachtschiffe (Sopranos, Rome, Deadwood, The Wire bei HBO. The Shield und bald Rescue Me und Nip/Tuck bei F/X) gefunden haben, ist die Talsohle mittlerweile schon wieder durchschritten und in der kommenden Season kann man sich auf einen beeindruckenden Mix aus vielversprechenden Neustarts (Boardwalk Empire=das neue Sopranos, Game of Thrones=das neue Rome, The Pacific=das neue Band of Brothers, Treme=das neue The Wire, Bored to Death, Lawman, Rubicon oder bei den Networks V, Flash Forward, Modern Family und wer es mag Glee), die in ihren jeweiligen Genres für frischen Wind sorgen werden; jungen Qualitätsserien, die ihren Höhepunkt noch vor sich haben (Breaking Bad, Damages, Sons of Anarchy, Mad Men, True Blood, Californication, Hung, US of Tara, Nurse Jackie) und in Würde gealterten Veteranen (Rescue Me, Curb your Enthusiasm, Weeds, Dexter, Big Love oder Lost) freuen. Nein, das Nischenprogramm für den anspruchsvollen Serienfreak ist weiterhin prall mit hochklassigen Serien gefüllt. Die Experimentierfreudigkeit des Mainstream-Marktes mag wieder etwas gesunken sein, aber der wurde bis auf wenige Ausnahmen das gesamte Jahrzehnt von Procedurals und Edel Soaps dominiert.

  8. Paco

    ja klar, der persönliche geschmack. mir geht es auch wirklich nur um erzählerische innovationen, um serien, die im prinzip entwürfe bürgerlicher oder postmoderner großromane sind, nicht um krimi-, mystery- oder arztserien mit eher herkömmlichen story archs.

    sowas kann alles auch gut sein, ist aber oft ersetzbar, das sind die von mir favorisierten series nicht. ob die von dir aufgezählten neustarts wirklich irgendwas einlösen werden, ist zumindest zweifelhaft, ich erinnere an den 2007er-jahrgang mit den groß angekündigten und dann jämmerlich gefloppten »reaper«, »journeyman«, »chuck« und »pushing daisies« (ok, es gab den autorenstreik, but still). und ein neues »rome« (1. staffel, 2. staffel) will ich erst mal noch sehen.

    zu »breaking bad« und »mad men«: ganz unbenommen, dass von AMC frischer wind kommt, aber wart’s mal ab, in den nächsten tagen stelle ich hier noch ein paar serien vor.

  9. Cletus van Damme

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    „mir geht es auch wirklich nur um erzählerische innovationen, um serien, die im prinzip entwürfe bürgerlicher oder postmoderner großromane sind, nicht um krimi-, mystery- oder arztserien mit eher herkömmlichen story archs.“
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    Als Serienfan solltest du doch wissen, dass es bei den Serien der Pay TV Sender(+AMC und F/X) im Grunde egal ist welches Genre als Aufhänger dient. Unter der Oberfläche geht es immer um Charakterstudien, moralische Fragen und Gesellschaftsbetrachtung. Ob das nun im Gewand eines Copdramas (wie The Shield oder The Wire, die beide ja nicht von ungefähr gerne mit Schuld und Sühne verglichen werden.), einer Weltraumserie (das 9/11 Trauma wurde in kaum einem filmischen Werk so eindrucksvoll behandelt hier), einer Vampirserie (als Kleinstadtsatire und Metapher über Rassismus und Schwulenhass), einer Westernserie (in Deadwood geht es um das Ende einer Ära und die Anfänge von Zivilisation und Demokratie und nicht um Cowboyabenteuer. Für die Bikerserie Sons of Anarchy gilt ähnliches.) oder einen Historienserie wie Rome geschieht, macht da kaum einen Unterschied.

    Ich kann auch beim besten Willen nicht nachvollziehen wo du bei Desperate Housewives (gut besetzte Edel Soap mit Twin Peaks und Stepford Wives Anleihen) erzählerische Innovationen siehst…geschweige denn größere als bei den anderen genannten Serien. Für mich nicht mehr als Weeds für die Massen. ;)

    btw. ich vermisse mit The Shield, Deadwood und Galactica mindestens 3 der hochkarätigsten und von Kritikern zu Recht hochgelobtesten Serien der TV Geschichte. Nicht gesehen oder nicht interessiert?
    In Treatment nicht mal unter den Top 30 des letzten Jahres ist auch schwer nachvollziehbar. Als Six Feet Under Fan solltest du auch unbedingt Huff (lief 2004-2006) eine Chance geben, falls du es noch nicht kennst.

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    „groß angekündigten und dann jämmerlich gefloppten »reaper«, »journeyman«, »chuck« und »pushing daisies« “
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    Große Vorschußlorbeeren habe ich damals eigentlich nur bei Pushing Daisies wahrgenommen und die hat sie meines Erachtens auch verdient. (Auch wenn die regulären Folgen nie wieder die Genialität der Pilotfolge erreicht haben). Die anderen 3 sollten und wollten nie mehr als nette Unterhaltungsserien für nebenbei sein.

  10. Cletus van Damme

    Weltraumserie bezog sich auf das Galactica Remake, Vampirserie auf True Blood. Vorm zweitlesen zu früh abgeschickt. ;)

  11. Paco

    dass DH als edelsoap aufgemacht ist, macht die serie für den mainstream erst möglich. aber noch mal: DH hat mit abstand die besten texte, das sind zum teil subtextuelle theaterdialoge, die es mit tschechow oder horváth aufnehmen können. dass etwas kitsch für die massen dabei ist (susan & mike und anderes), macht dabei gar nichts. und dass mittlerweile viel storyrecycling stattfindet, ist normal, tschechow hat ja letztlich auch immer dasselbe stück geschrieben. ;)

    du hast recht damit, dass viele serien aktuell interpretierbar sind, aber das reicht mir nicht. die serien müssen als kunst gut sein, nicht als statement zur gesellschaftslage. wenn etwa »dexter« nur die anwendung der todesstrafe thematisieren würde (so pädagogisch würden es wahrscheinlich europäische kultursender inszenieren, hehe), wäre es langweiliger mist.

    ansonsten sind die best-ofs hier natürlich subjektiv wie sau. dass ich einige serien unerwähnt lasse, weil ich sie nicht mag, oder sie mich nicht über ein paar folgen hinaus interessiert haben, gehört dazu.

    um »pushing daisies« ist es in der tat etwas schade, die sublimierung des chastity-themas in dieser form ist eigentlich sagenhaft gut. leider wurde es schon nach ein paar folgen langweilig, wohl weil das hochglanzpolierte ambiente auf die dauer arg aseptisch wirkte.

    ach ja, was du oben als »in würde gealterten veteranen« bezeichnet hast, nämlich »curb your enthusiasm«, ist die mit abstand superste serie aller zeiten, nächsten sonntag beginnt die 7. und sicher endgültig letzte staffel, wir werden hier live davon berichten, wie schon von staffel 6 (6.01, 6.02, 6.03, 6.04, 6.05, 6.06, 6.07, 6.08, 6.09, 6.10).

  12. Cletus van Damme

    „DH hat mit abstand die besten texte, das sind zum teil subtextuelle theaterdialoge, die es mit tschechow oder horváth aufnehmen können.“
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    Mich deucht, hier werden wir uns einigen müssen, dass wir uns nicht einigen können. Scheint mir doch arg überinterpretiert, aber es muss ja nichts schlechtes sein, wenn man einem Stoff etwas abgewinnen kann, das nicht mal in der Intention des Autors lag. ;)
    Da ich in den Housewives Drehbüchern und Dialogen nicht mehr erkennen kann als in vergleichbaren Vorstadt-Satiren (eher weniger), habe ich die Serie auch schon innerhalb der ersten Staffel beendet und schalte nur noch sporadisch ein. Meine Stimme für die Serie mit den besten Dialogen geht eindeutig an Deadwood. Shakespeare mit Tourette Syndrom.

    Vielleicht kann dich ja die Serien-Adaption von John Updikes (Hexen von) Eastwick über das nahende Ende der Hausfrauen hinwegtrösten. Dem Trailer nach unternimmt ABC damit den nächsten Versuch ein DH 2.0 zu etablieren.
    http://abc.go.com/watch/clip/eastwick/FK_ESW/228988/233341

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    „du hast recht damit, dass viele serien aktuell interpretierbar sind, aber das reicht mir nicht. die serien müssen als kunst gut sein, nicht als statement zur gesellschaftslage. wenn etwa »dexter« nur die anwendung der todesstrafe thematisieren würde (so pädagogisch würden es wahrscheinlich europäische kultursender inszenieren, hehe), wäre es langweiliger mist.“
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    Und wie Dexter funktionieren natürlich auch die Sopranos, The Shield, Deadwood, Rescue Me und co. auf mehreren Ebenen und haben universell gültige Aussagen. Sie ertrinken trotz der nihilistischen Weltsicht auch nie in ihrer eigenen Schwere sondern lassen zumindest am Rande Platz für ein Augenzwinkern.

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    „nächsten sonntag beginnt die 7. und sicher endgültig letzte staffel“
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    Das hat Larry doch schon seit Seinfeld jedes Jahr gesagt. Vor und nach Curb Staffel 6 sogar ziemlich glaubwürdig. Die Serie hat vielleicht nicht mehr Leben als eine Katze, aber ich denke es werden mindestens 8 Staffeln. ;)
    Wegen der durchgehenden Storylines werde ich die Staffel erst beginnen, wenn sie komplett ist. Durch die lang erwartete Seinfeld Reunion dürfte es allerdings schwer werden diesen Vorsatz zu halten.

  13. Paco

    Auf serienjunkies.de wird die These von hier grad diskutiert. Zwei schöne Formulierungen von eronix:

    »Die Mehrzahl der Serien sind schlichtweg Mist, sowohl in den USA als auch bei uns und vor allem in Großbritannien.«

    Bzw.:

    »Mindestens 50% der Serien sind doch Ausschuss und das wird sich auch nicht ändern. Aber hey, so behält man wenigstens den Überblick.«

    Das ist doch mal gut formuliert, sowas kommt aus der Serienjunkies-Ecke selten. Best-ofs wie hier sind dann vielleicht sowas wie die frühe Vorform einer Kanondebatte, in der es um die anderen 50% geht. ;)

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